Die Gedankengiesserei

Strandspaziergang (22.4.2005)

Frühlingssonne steht still
Über plätscherndem Meer,
Die Strandkörbe noch leer,
Häuser klein und schick.

Ein Kind, das schon Sommer will
Und Eis und eine Burg aus Sand
Und dort ein Paar, Hand in Hand,
Ein leises, leises Glück.

Morgengruss (13.08.2003)

Still geht der Atem der Welt
an einem Sommermorgen und
leise Stimmen einsamer Menschen
künden von einem Anderswo.
Die erfrischende Kühle der Nacht
ist der brütenden Hitze
noch nicht gewichen und selbst Vögel
schauen schlaftrunken von ihren Ästen herab.

Scheissen im Walde (13.08.2003)

Einfach mal in den Wald scheissen -
das will ich.
Einen grossen, stinkenden Haufen unter einen alten Baum setzen -
deutsche Eiche oder Fichte -.
anstinken gegen den Modergeruch und das Moos
Meinen Bach neben das plätschernde Idyll pflanzen.
Und dann meine Tüte, randvoll mit Müll,
in den schon überquellenden Reststoffsammelbehälter
der Forstverwaltung des Landes Hessen
werfen.
In mein steriles, aseptisches Hotel mit bleichen Zimmermädchen
und lauwarmem Frühstückskaffee
gehen
und alles von meiner Haut
duschen -.

Wäschekammer (13.02.2003)

Der Rosenkopf ist rot und duftet
Der Hosenknopf ist frisch gelüftet
Der Hosenkopf ist eingerichtet
Der Hosenkopfschopf wippt beachtlich
Der Hosenknopfkopf schmachtet sichtlich
Endlich opfert Kopf gewaltig
Schopfkopf denkt sich "das behalt ich"
(Moral: Wer Köpfe nicht erst zum denken benutzt, verliert oft mehr als ihm lieb ist)

bequemensch (13.02.2003)

er blickt in die welt ohne zu sehen
er hört, hört nichts
denken tut er natürlich - notwendiges
nichts riecht, er auch nicht
selbst seine gefühle sind abbezahlt
er mag nicht aufwachen
die welt ist warm und weich und gut

Elyrium (11.02.2003)

Würde jetzt die Hölle hereinbrechen
Sie röche nach Palmolive
Man kann seine Hände darin baden
Alkohol durchströmt die Venen
Rosa Watte schrammt an scharfen Kanten
Vorbei
Die Welt erscheint
Verschwommen, wie durchs Fischauge
Ein Baby schwebt selig lächelnd gen Himmel
Und alles sieht verdächig
Nach Yellow Submarine aus
Da ist ein Loch in deinem Kopf und schreit
Morgen
Delirium ist nur ein anderes Wort für was auch immer
Es begleitet dich durch dick und dick und
Die letzte Zigarette schmeckt am besten
Zum dritten oder vierten
Letzten Bier
Manchmal ist der letzte Ausweg (vor'm) verrückt (zu) werden
Den Dingen auf den Grund zu gehen
Sich näher zu kommen
Du
Und
Der
Boden

Nachts (Herbst 2001)

Der Wind ist wie Satin in dieser Nacht
Und das Wasser rauscht in den Ohren
Wie die Autobahn drüben übern Fluss
Die Zigarette verbrennt deine Finger und du wirfst sie weg
Das Wasser fliesst vorbei, wie ein endloser Strom
Niemand ist hier
Ein Baum reicht dir seinen Ast
Und müde lächelt der Mond durch den Nebel
Es ist kalt
Mutig scheint deine Kerze gegen die Laternen an
Und plötzlich ist alles leer
In dieser Nacht
Gibt es 1000 Gründe
Und ebensoviele dagegen
Dein Herz pocht wie wild
Es gibt richtige Augenblicke und du weisst, das ist einer
Nutze ihn
Schnell
Die Zeit vergeht wie dieser Fluss
Trag ihm deine Botschaft auf
Da hinten funkelt das Blau eines Fernsehers
Harald Schmidt
Oder irgendein Krimi in schwarz-weiss
Mit Drinks und Trenchcoats und kalten Blondinen
Du gehst und hinterlässt ein Leuchtfeuer in der Nacht

(11.03.2001)

Wie eine Schlange schleicht sich der Zug in den Abend.
Betretenes Schweigen drinnen
und draussen nur der Zuglärm.

Tide (21.12.2000)

In einem Meer da schwimmen Fische
Algen, Wellen, wilder Wind
Schiffe aller Herren Länder
Aber Ruhe gibt es nie.

Sirenen, Monster mit Gezische
Mal verliert und mal gewinnt
Jeder Elementeschänder
Aber Frieden gibt es nie

Fremde Farben und Gerüche
Vom Kind zum Mann, vom Mann zum Kind
Wimpel, Fahnen, bunte Bänder
Nur Vergessen gibt es nie

Manchmal etwas Sommerfrische
Zukunft endet und beginnt
Ausgefranste, feuchte Ränder
Überall Meerlancholie

(04.12.2000)

Weine um mich,
denn mein Herz ist leer.
Steingewordenes Monument der Vernunft,
Totgeburt des Geistes.

21.09.2000 früh morgens, überarbeitet am 15.10.2000

Zeit ist keine Dimension, sondern eine Zumutung
Liebe ist kein Rausch, sondern Raum
Blut ist der Fluss des Lebens
Und Worte dessen Schaum

Das ist fast ein Gedicht.
Ich könnte lachen und weinen,
Dass ist wie Regen und Sonnenschein.
Zumindest der Regenbogen ist hübsch.

Ist alles, was entsteht, wert, dass es zugrunde geht?
Selbst das Hadern hadert ohne Grund.
Dazwischen Stossen und Schieben in der Pfanne,
Blut und Tränen im Kakao.
Mutterkuchen mit Sahne.
Frühling in der Hölle.
Wieviel Erbrochenes braucht es, das Wurmgekringel zu verdecken?
Türme ragen in den Himmel und enden in den Wolken.
Gesprengte Kettchen und Kokons aus Beton,
Die blasse Kopie Mensch.
Vernunft der Eitelkeit.
Frühling in der Hölle.

Wunderwesen (18. Mai 2000)

Augen wie ein See bei Nacht
So stürmisch tosend' böse Macht
Auch still und tief und einfach da
'Je nachdem?' - wie wahr, so wahr

Und sieh' hier: ein sanfter Hügel
Rot und rund 'ne kleine Kugel
Süß wie eine reife Beere
Die Nase ist's die ich verehre

Fein geschwung'ne leicht gebog'ne
Manchmal etwas ungezog'ne
Lächelnde - ich bin entzückt -
Lippen machen mich verrückt

Finger - und gleich zehn davon
Ich wünscht' es gäbe Finderlohn
Diese Finger finden lassen
Wonne Frohsinn nicht zu fassen

Hände Arme Hals und Beine
Alles hat sie diese Eine
Manche Dinge auch wie Feigen
Doch wir wollen lieber schweigen

Wut ... und alles andere (11.04.2000)

Die Ohren wundgehört,
auf das ausgebreitete Leben gedeutet und gesagt:
"Sieh' an!"

Die Beine krummgestanden,
auf den fernen Horizont gewiesen und gesagt:
"Sieh' doch!"

Die Brust aufgerissen,
auf das pumpende Herz gezeigt und gesagt:
"Sieh' her!"

Die Seele zerrissen,
auf die blutigen Fetzen geschaut und gedacht:
'Sieh' an.'

Tage wie diese (16.02.2000)

Es sind Tage wie dieser,
Wenn es dunkel und stürmisch ist
Und die Menschengeister sich ihren Weg erkämpfen müssen.
Tage wie dieser,
Wenn Du laut hinausschreist gegen den Wind
Und Deine Einsamkeit Dir ins Gesicht weht.
Es sind Tage wie dieser,
Wenn die Sonne lacht, selbst das Leben lächelt
Und Tatendrang die Venen durchströmt.
Tage wie dieser,
Wenn die Welt nur auf Dich zu warten scheint
Und alles voranschreitet.
Es sind Tage wie dieser,
Wenn Regen die Erde zerpflügt
Und Stakkato die Menschen in ihre Löcher treibt.
Tage wie dieser,
Wenn die Tropfen Deine Tränen sind
Und die Zukunft fern ist, das Ende aber nah.
Es sind Tage wie dieser,
Wenn die Sonne die klare Luft kaum erwärmt
Und Aufbruch in der Luft lebt.
Tage wie dieser,
Wenn das Herz einen Satz macht, Klarheit herrscht
Und die Gedanken bis zum Horizont reichen.
Es sind Tage wie dieser,
Wenn die Elemente nicht schweigen
Und Du an Tage wie diese denkst.
Tage wie diese,
Wenn Leben dich umfasst mit aller Macht
Und ein Wort die Welt ist und die Welt ein Wort.

Der Rabauke (23.12.1999)

Überall Rabauken
Trompeten und auch Pauken
Die lärmen und krakeelen
Torten werfen und verfehlen

Krach und Konfetti
Manch Spiel und Spaghetti
Viel Müll und viele Kinder
Drin ich Menschenschinder

Die krabbeln und johlen
Wie Ferkel und Fohlen
Mir ist er zuwider, der ganze Unfug
Der Geburtstag ist aus, genug ist genug

Als ich zum Sessel wanke
Und langsam genese
Kommt mir der Gedanke
Bin ich hier der Böse?

[alternativ:]
Endlich ist Ruhe
Und in der Ruhe liegt die Kraft
Schluss mit dem Gebuhe
Die sind draussen und ich geschafft

Departure (19.12.1999)

Zerbrechliche Verbundenheit
Warme Worte wechseln zwischen uns
Samtene Zwiesprache erfüllt unseren Geist
Trotziges Tosen von allen Seiten
Hastiges Hetzen durch Chrom und Glas
Gespannte Erwartung und Bangen vereinen sich
Leere ohne Lichterschein in mir
Ein kurzer Abschied in hohen Hallen
Und ein zusammengekauerter Geist in der Ecke
Trübsal und Traurigkeit erfüllen mich
Du auf dem Weg in die Ferne
Und hier ich allein

Die Mutprobe (27.11.1999)

Sie schreien
Los spring
Du schaffst es
Mach schon

Und er springt
Fällt
Zehn Meter
Tief

Sie stehen am Beckenrand
Starren ihn an
Gaffend und
Atemlos

Und er schlägt auf
Wasser überall
Zeitlos
Tonlos allein

Sie sind noch da
Helfen ihm aus dem Wasser
Gemeinsam gehen sie
Und die Welt ist neu

In uns (30.10.1999)

Um mich herum
Gegebenheiten
Regenzeiten
Wesenheiten

In mir
Unerfülltes
Ungestilltes
Nichtmehrkaltes

In dir
Alter Fluch
Schwerer Bruch
Rotes Tuch

Zwischen uns
Fragezeichen
Tausend Weichen
Nichts

Betrachtungsweisen (15.10.1999)

Ich könnte dich den ganzen Tag nur anstarren,
ohne mich je satt zu sehen.
Ich könnte dir den ganzen Tag zuhören,
ohne mich zu langweilen.
Ich könnte den ganzen Tag an dir riechen,
ohne mich abzuwenden.
Ich könnte dich den ganzen Tag über... you got the point, denke ich.

Kürzen, kürzen, kürzen (05.09.1999)

Kürzen. So lautet ja ein häufiger Kommentar. Aber manche Dinge müssen gesagt werden. Also schreibe ich nur ein kurzes Gedicht:

Wallende Gefühle
Sachte Töne
Bangendes Erwarten
Pochende Liebe

Vergängliche Gefühle
Verklungene Töne
Bangendes Ertragen
Erhoffen den Tod

Jauchzender Jubel
Stürmisches Erkennen
Springendes Herz
Erfahrene Liebe

Verstummter Jubel
Fade Zweisamkeit
Springendes Herz
Willkommener Tod

Aber zuviel der Worte. Ein bisschen kürzen:

Wallende, sachte, bangende Liebe
Vergänglichkeit, Verklingen, Bangen - Tod
Jauchzende, stürmische, springende Liebe
Verstummen, Fadheit, Zerspringen - Tod

Noch mehr:

Liebe
Tod

Und dann streiche ich die Liebe und freue mich über mein gelungenes Werk.

Waffenstillstand (1992/93)

Waffenstillstand
Waffen stehen still
Drohend ausgerichtet
Auf ein Ziel

Kalter Krieg (1992)

Goldener Westen,
Silberner Osten?
Oder doch wieder nur Blut und Eisen in der Mitte?

Krieg ist die Fortsetzung der Politik
mit anderen Mitteln.
Mittel zum Zweck.
Aber bitte weit weg...

Sandiger Süden,
Grüne Hölle.
Bedrohter Frieden ist ein Grund zum Krieg!

Raketen - rund um den Globus...
Sichern den Frieden,
Bedrohen den Krieg?
Bringen den Sieg?

Rotes Blut,
schimmerndes Eisen.
Rote Knöpfe, schimmernde Wehr und Köpfe aus Beton!

Politiker verteidigen den Frieden...
mit allen Mitteln...
wird die Politik fortgesetzt...
Vielleicht hilft ein neuer START?

Noch sind nicht alle Tauben von Falken getötet worden.
Doch weiße Tauben sind rar...