Texte

Albert und der Alleinseinwald (2003-05-03)

Eine Geschichte von A bis Z

Albert, der kleine Kater spazierte durch den grossen, grünen Wald.
Besonders die grossen, mächtigen Stämme mit ihren grünen Kronen mochte er gern.
"Circus", lachte er und drehte sich so lange im Kreis, bis ihm schwindelig wurde.
Ei, wie die Sonne durch die Blätter glitzerte.
Flüsternd bewegten sich die Blätter im leichten Wind.
Gerade wollte er sich auf den Nachhauseweg machen, da hörte er von Ferne ein Geräusch.
"Hier ist doch sonst nie jemand," überlegte er, aber dort bewegte sich etwas schnell auf ihn zu.
In der Tat lief eine Gestalt auf ihn zu und blieb stehen, als sie seiner ansichtig wurde und er sie nach ihrem Namen fragte.
"Jaffa," sagte Jaffa und atmete schwer, schliesslich war sie den ganzen Weg gerannt.
"Komm' schon," sagte er aufgebracht, "das ist mein Alleinseinwald, nicht deiner."
Langsam sah sie zu ihm herunter.
"Mann, es schickt wohl," fauchte sie, fortfahrend: "Der Wald gefällt mir viel besser ohne Menschen - oder verfickte, sprechende Kater."
"Na, Danke," fluchte Albert, dem so was heute gerade noch gefehlt hatte.
"Och nee, heul doch," begann sie und ein kleiner Singvogel auf einem nahen Ast, der ganz genau aufpasste, sah ein kleines Lächeln heraufziehen.
"Pass' mal auf, Dumpfbacke," mischte Albert sich dazwischen, "jetzt verschwindest du ganz schnell aus meinem Alleinseinwald, dann kann ich noch den Singvogel da platt machen, der dich so anglotzt und habe gleich noch was warmes zu essen, sonst aus die Maus, klar?"
"Quatsch mit Sojasoße," schrie Jaffa, die schließlich Vegetarierin war und Vögel nur zum Vergnügen riss, deren Verzehr aber ablehnte und überhaupt jetzt ihren Joggingparcours fortsetzen wollte, um ein paar Aggressionen mehr abzubauen, die dieser Kater verursachte.
"Rennen wir doch ein paar Kilometer um die Wette," schlug er vor, "und wer zuerst da ist, dem gehört der Wald, obwohl mir gerade kein gutes Ziel einfällt."
"Spiegelslustturm," sagte sie begeistert, "wäre ok und dann bin ich dich auch los."
Tatendurstig stürmten Albert und Jaffa los, keiner dem anderen auch nur einen Meter Vorsprung lassen wollend.
Und so rannten sie, mal auf steinigen Wegen, mal über weichen Waldboden, mal er vorn, mal sie, Meter um Meter erkämpfend.
"Vielleicht sollten wir mal eine Pause machen," sagte natürlich niemand, aber der Spiegelslustturm kam nur sehr langsam näher und als beide angekommen waren, wer gewonnen hat, soll nicht verraten werden, waren sie so außer Atem, dass sie sich beide auf den Rücken legten, schwer schnauften und in die Sonne blinzelten.
"Wald macht Spaß", sagte sie, "und nicht nur allein", wozu er nickte und sie beide noch etwas Circus spielten, bis ihnen ganz schwindelig wurde vom vielen drehen.
"Xanthippe," sagte er schelmisch.
"Ylang-Ylang," erklärte sie, obwohl das eigentlich, und der kleine Singvogel gibt mir da sicher recht, bescheuert ist - aber bitte.
Zuletzt aber sahen sie, dass der Weg manchmal das spassigste ist und manches, was vorher grantig und kantig wirkt, besser sein kann als reibungsloses.

Eine Ozeanographie (2001-12-27)

Jeden Tag schwamm der kleine Hai bei der Meerjungfrau vorbei, bis sie eines Tages verschwand. Am Anfang hatte er sie gar nicht beachtet. Sie sass auf einem Stein am Meeresgrund und beobachtete die bunten Fische, die zu klein waren für ihn zum fressen. Auch später, wenn er gejagt hatte und satt zurückschwamm, sass sie noch da. Manchmal bewegte sie ihren Kopf und schaute einem besonders schönen Fisch lang hinterher.
"Wie heisst du?", fragte er eines Tages und ein Schwarm Stichlinge schoss davon.
"Maciola", sagte sie, während ihr Blick einer Muräne folgte.
So wurden sie Freunde. Jeden Tag zur Jagd besuchte er sie. Mal war er mürrisch über einen entgangenen Fang, mal plusterte er sich stolz auf, wegen eines gewonnenen Kampfes, aber immer wenn er kam, sah sie ihn mit ihren grossen suchenden Augen an, die schon bald abschweiften und anderen Fischen folgten. Nie bewegte sie sich von ihrem Stein fort.
"Komm mich doch einmal besuchen", sagte er manches mal. Und immer war ihre Antwort "Ja" und ihr Blick glitt zu Boden. Sie kam nie, so oft er auch wartete. Bald hielt er es dann nicht mehr aus und schwamm zu ihrem Stein, wo sie unbewegt den Fischen folgte.
"Was erwartest Du von Deinem Leben?", fragte er eines Tages. Kurz starrte sie in die Ferne des Ozeans und in ihren Augen war eine Sehnsucht, die eine Muschel in der Nähe zum weinen brachte. "Ich bin glücklich", sagte sie mit fester Stimme.
Der kleine Hai, der ein grosser Hai geworden war, bemerkte weder ihren Blick, noch die Muschel, noch die bittere Nuance in ihren Worten. "Ich zeige Dir die Welt", sagte er leichthin. "Die Seegrasfelder einen Tag im Westen und die Grotten im Osten, wo leckere Seeanemonen sind. Im Norden die Schiffe der Menschen und im Süden die Stichlingsschwärme nur wenige Stunden weit." Ihm genügte seine Welt, seine Futterplätze, die Jagd. Natürlich kam sie nicht mit ihm. Er wurde misstrauisch, dann wütend. Wie ass sie, wenn sie nicht jagte, wozu hatte sie eine Stimme, wenn sie so selten sprach, wozu Flossen, wenn sie ihm nicht folgte. Er beobachtete sie heimlich, statt zu jagen. Er verlor Gewicht, um zu sehen, wie von Zeit zu Zeit ein Seepferdchen ein paar Algen brachte. Er wurde stumm wie sie, um die Muscheln singen zu hören, an ihrer statt. Er fühlte Wut, die sie nicht zu kennen schien, und wollte den Stein umstossen, sie anbrüllen, beissen, ihr zeigen, wie das Leben war - und tat es nicht.
Am nächsten Tag besuchte er sie nicht, auch nicht am übernächsten und als er am darauf folgenden Tag kam, war sie verschwunden. Einige Muscheln sangen ein ihm unverständliches Lied und er beschloss jagen zu schwimmen.

Selbstverständlich (2000-01-26)

Manche Dinge spricht man nicht aus, sie sind selbstverständlich. Dass der andere das letzte Stück Kuchen nehmen soll zum Beispiel.
Was aber, wenn Selbstverständliches wirklich nur dem Selbst verständlich ist?

Ich kenne da eine Taube, die nicht weit von hier wohnt. Eines Frühjahres, sie sass gerade auf einem Busch auf einer grossen Wiese, da setzte sich eine Schwalbe neben sie. Sie erzählten sich von den Bergen und Bäumen, den Wiesen und Wäldern, die sie gesehen hatten, von anderen Vögeln und seltsameren Tieren. Den ganzen Frühling über waren sie unzertrennlich. Den Sommer ebenso und auch den Herbst, bis es Winter wurde. Immer öfter war die Schwalbe unruhig und flog kleine Kreise umher.

Wieso tust du das? Fragte die Taube.

Ich weiss nicht, ich muss. Antwortete die Schwalbe.

Ist dir kalt?

Mir ist kalt. Dir nicht?

Du musst mehr essen!

Ich muss weg.

Was? Warum?

Den anderen nach. Komm doch mit.

Ich kann nicht.

Warum nicht?

Hier ist mein Zuhause, ich wohne hier.

Hier ist es kalt. Ich will es warm haben.

Komm in den Schlag, zusammen wird es schön warm werden.

Ich bin ein freier Vogel, ich will keine Wände um mich herum.

Aber dann wirst du erfrieren.

Nicht, wenn ich in den Süden fliege.

...und flog fort. Zurück blieb eine frierende aber wohlgenährte Taube in einem verschneiten Schlag und man sagt sich, im Süden gäbe es eine Schwalbe, die manchmal in den Sonnenuntergang und auf das Meer hinaus starre.
Nur hin und wieder fliegt ein Albatros von Norden nach Süden und zurück. Um den Hals eine Tasche tragend, die Briefe enthalten könnte.

Buch und Film - ein Essay (1996)

Bücher sind niemals bombastisch.
Sie erwecken vielleicht Assoziationen mit bombastischen Ereignissen, sind es aber selbst niemals.
Sieht man sich dagegen die Inszenierung der Bayreuther Festspiele an oder Filmaufnahmen aus dem dritten Reich über die Baupläne für Germania, so ist das Ereignis an sich bombastisch, nicht ein Bild in unseren Köpfen.
Ein Film ist in jedem Fall direkter, lässt wenig bis gar keine Zeit zu Assoziationen, versucht uns zu fesseln. Ein Buch dagegen ist indirekt, lebt von der Phantasie der Leser. Bücher erwarten, dass der Leser die Dreharbeiten selbst gestaltet. Er kann den Blickwinkel der Kamera, die Zooms, sogar das Casting selbst übernehmen und während des ganzen Buches über ändern. Dies geschieht zumeist unbewusst, abhängig von der Erzählungskraft des Autors und den Vorstellungen und ähnlichen Erlebnissen des Lesers.
Bücher sind daher, je nach Phantasie des Lesers, flexibler, bringen sie doch auch Gedankengänge und Emotionen in die Geschichte ein, Objekte, die schon immer schwer mit Bildern zu vermitteln waren.
Sagt der Autor am Anfang, dass die Hauptfigur bärtig ist, so denken wir, je nach Einstellung der Figur an Menschen mit freundlichen oder bösen Gesichtszügen. Ändert die Figur, im Laufe der Geschichte, ihre Einstellung, so wandelt sich auch unser Bild von ihr. Unter Umständen verschwindet sogar der Bart, weil wir nur liebe Menschen mit Bart kennen, aber keine abstossenden. Wer sollte das verbieten, wenn sich die Figur nicht alle zwei Seiten am Barte zupft?
Filme dagegen haben in diesem Punkt ihre Vorteile. Können sie doch mit Licht und Kamera spielen, ebenso wie mit den Gefühlen der Zuschauer über die Hintergrundmusik. Auch kann ein Charakter sich während des Films wandeln, ohne dass sich sein Aussehen ändert.
Spielen einige Filme damit, so riskieren sie eine Irritation des Zuschauers, weswegen Bösewichte entweder von Anfang an nicht übermässig sympathisch aussehen bzw. klingen (Fernsehserien, "Das schwarze Loch" etc.). Andererseits lassen sich verblüffende Effekte lediglich erzielen, indem die Verdächtigen in einem Krimi nicht von vornherein auf einen buckligen Gärtner und ein weibliches Baby reduziert werden (Maigret - Filme).
Solche Szenen lassen sich in Büchern zwar auch erwirken, sind aber ungleich aufwendiger, will man einen Charakter plastisch erscheinen lassen, was im schnellebigen Film durchaus nicht immer nötig ist.

Essay über Allmacht, Allwissenheit, ewiges Leben und Verantwortung derselben: bezogen auf "Q" (1994-04-16)

Definitionen:

Allwissen ist das Wissen aller wahren und falschen Fakten aller Menschen und alles Lebens überhaupt plus aller noch nicht entdeckten Tatsachen wahrer und falscher Natur. Das Paradoxon etwas wissen zu müssen, was man nicht weiss, ist damit wertlos, da es so etwas nicht gibt. Zusätzlich gehören noch alle möglichen Schlussfolgerungen und Verkettungen der Fakten und somit der Weg der Entstehung neuer Fakten dazu.
Allmacht ist die Möglichkeit, alles zu tun, was möglich ist. Dazu zählen natürlich keine Tätigkeiten, die nicht möglich sind, also etwas zu tun, was man nicht kann oder etwas zu tun und gleichzeitig nicht zu tun.

Die Möglichkeit von Allmacht zu Allwissen zu gelangen ist denkbar einfach, während der Weg von Allwissen zu Allmacht nur möglich ist, wenn es eine Möglichkeit dazu gäbe.

Ewiges Leben ist die Kunst nicht zu sterben. Dabei ist zu unterscheiden, ob das Leben freiwillig oder verankert ist, beziehungsweise ob Suizid möglich oder nicht möglich ist.
Dabei ist natürlich die zweite Möglichkeit interessanter: wenn eine Tötung an sich nicht möglich ist, wie lebt man dann zum Beispiel in einem schwarzen Loch? Sind also nur die Selbstheilungskräfte überdurchschnittlich oder ist das Leben überhaupt von Körpern Abhängig?

Mit ->Allwissen wohl leichter zu beantworten.
Mit ->Allmacht zu praktizieren?
Interessant auch: Existenzform bei unendlich langem Leben.
"Q" = die drei obigen Punkte nach momentanem Wissen

Fragestellungen:

Moral

Muss nicht die menschliche Moral und das menschliche Wertesystem zurücktreten gegenüber dem eines "Q", anstatt ihm das menschliche aufzwingen zu wollen?
Hat nicht ein "Q" weit mehr die Möglichkeit zu beurteilen und objektiver zu erfassen, was möglich und nötig ist? Hat ein "Q" aber das Recht sich einzumischen? Hat er nicht eher die Pflicht, zurückhaltend zu beobachten, anstatt verändernd einzugreifen und vielleicht zu experimentieren?

Platzbedarf

Das angehäufte Wissen benötigt aller Wahrscheinlichkeit nach unendlich viel Platz. Allein Buchstabenkombinationen im normalen westlichen Alphabet sind der Zahl nach unendlich.
Vielleicht ist es nützlich das Wissen zu unterteilen in verschiedene unendliche Teilbereiche (zum Beispiel Gencodes).
Auch die Zugriffszeit müsste auf "Q" bezogen nahe unendlich sein und die Lichtgeschwindigkeit bei weitem überschreiten.
Auch die Lagerung des Wissens müsste ein ->Leben lang halten und kann nicht zerstört werden, da man nicht ein bisschen allwissend sein kann.

Der Wind (1994-01-29)

Hallo!

Ich bin der Wind. Ich möchte Euch allen da draussen etwas erzählen. Wollt Ihr meine Geschichte hören? Gut. Es sind Tage wie diese, wenn ich nachdenke. Tage, an denen es Stürme und Orkane gibt, Tage, an denen sich die Menschengeister scheiden, einige sich verkriechen, andere aus ihren dunklen Löchern hervorkommen und alle sich ihren Weg erkämpfen müssen. Es gibt ja Märchen vom Westwind, dem Ostwind und den anderen und es gibt Theorien von lokalen Windsystemen, ITC. Alles Quatsch.
In Wirklichkeit bin ich mutterseelenallein. Doch was bedeutet das? Bin ich nun alleingelassen von der Seele meiner Mutter? Dann habe ich wahrscheinlich meine besten Freunde um mich geschart. Oder bedeutet es, dass ich so allein bin, wie die Seele meiner Mutter? Doch woher weiss ich, wie viel und wie oft die Seele meiner Mutter Umgang gehabt hat? Und woher weiss mein Gesprächspartner dann, was ich mit dem Wort meine? Ich weiche ab.
Mein ist das Land und die See und der Himmel. Ja. Der Rest ist Euer. Am Anfang war alles wüst und leer. Eine schöne Zeit. Dann, langsam und bedächtig, füllte sich die Erde mit Leben, kroch aus dem Wasser und setzte sich an Land fest. Ich helfe ihm bei seiner Verbreitung, trage die Vögel durch die Luft und die Samen an andere Orte. Feuer folgen mir, Überschwemmungen und meine Kraft ist zerstörend und schöpfend zugleich. Manchmal frage ich mich, ob ich das bin, was die Menschen Gott nennen. Aber ich glaube nicht. Wozu hätte ich die Menschen erschaffen sollen? Wer auch immer das gemacht hat, man merkt, dass sie aus Dreck gemacht wurden. Zumindest behaupten sie das. Ich erinnere mich nicht mehr genau an jene Zeit, als ich plötzlich auf meiner Reise auf die Menschen traf. Klein und schwächlich waren sie, aber leidlich geschickt. Und sie lernten schnell. In wenigen tausend Jahren errichteten sie Strassen und Gräber, Mauern und Burgen, Häuser und vieles, vieles mehr. Sie versperrten mir den Weg durch Areale, die sie mit Stein und Glas umschlossen oder auch nur durch kleine Blöcke aus Lehm oder Holz. Sie verwehrten mir Einlass in Land, durch das ich seit seiner Entstehung geweht war.
Sie veränderten die Zusammensetzung meines Körpers, den sie Luft nennen. Was sonst nur langsam geschah, passierte nun radikal und schnell. Lange Rohre blasen Stoffe in die Luft. Aber das überraschte mich nur, es tat nicht weh. Sie verstehen nicht, sie können mich nicht verletzen. Viele, denen ich auf meiner Reise begegne, beschweren sich, doch was macht es mir? Ich drehe weiter meine Runden, wehe, walle, stürme und hauche. Ich beobachte. Pflanzen und Tiere kommen und verschwinden, ganze Landschaften entstehen und gehen unter...
Doch ich muss weiter, Fremde. Viel zu lange schon verweile ich an diesem einen Ort. Ihr seht, ich hätte allen Grund, die Menschen zu hassen, doch sie sind auch nur eine Gattung unter vielen. Und sie werden sterben.

Auf wiedersehen Fremde.

Juraldis IV (1993-11-21, 01:41)

Kapitel 1 - Präludium

Langsam kämpft er sich durch den dämmrigen Morgen. Seine Uniform ist klamm von der Nachtkälte. Der Dschungel um ihn herum ist noch nass und feucht. Morgentau glänzt auf den grossen fleischigen Blättern der Pflanzen. Gemächlich schiebt sich die rote Sonne von Juraldis IV über den Horizont und bringt den Tau zum dampfen.
"Es wird wohl warm werden", denkt er bei sich, bemerkt aber sofort seinen Irrtum.
"Es wird wohl heiss werden heute", verbessert er sich laut und bemerkt amüsiert den verwunderten Blick eines Vogels. Es hatte wohl seit der Entstehung des Planeten vor ungefähr fünf Milliarden Jahren keinen einzigen nur warmen Tag gegeben. Juraldis IV war ein erdähnlicher Planet mit Sauerstoffatmosphäre. Die Nähe zur Sonne bestimmte die gesamte Vegetation und Fauna, sofern man auf welche traf. Wüsten, Einöden, hin und wieder ein kahles, wie poliert aussehendes Steinplateau. Oder Dschungel. Riesige, mit bizarren und fremden Pflanzen, die wenigsten davon waren erforscht, bewachsene Flächen. Dies waren die Hauptmerkmale des Planeten. Nur an den Polkappen gab es kleine Inseln mit gemässigtem Klima, die Schutz vor dem unberechenbaren Wetter, was nicht einmal die Meteorologen voraussagen konnten, boten. All dies geht ihm durch den Kopf, während er sich durch den Dschungel kämpft.
Um Haaresbreite entgeht er einem grün - braunen Etwas, das wohl aus reiner Lebenslust gern Menschen verspeist. Glücklicherweise war Es offensichtlich nur eine Pflanze, denn es war festgewachsen und konnte ihm so nicht folgen.
"Erdähnlicher Planet. Schön warm, wird ihnen gefallen dort", hatte man ihm gesagt, als er mit seiner Einheit hierher verlegt worden war.
"Fleischfressende Pflanzen. Giftige Dornen und wilde Tiere", hatte man wohl vergessen zu erwähnen.
"Tiere."
"Tiere? - Bestien, Monster" und andere wenig schmeichelhafte Bezeichnungen gehen ihm durch den Kopf, als er ein Wesen erschiesst, das ihn irgendwie an eine Krake mit Stiefeln erinnert.
"Ein Aussenposten, ohne viel Aufregung", glaubt er die Stimme seines Vorgesetzten noch zu hören, als er seinen noch rauchenden Fäiser der Marke Dogsfear in sein Hüfthalfter steckt, wobei er natürlich nicht vergisst heldenhaft gegen den Lauf zu pusten.
"Wozu auch immer das gut sein mag", fragt er sich, "als ob das Kühlsystem sowas nicht alleine könnte.
"Und überhaupt, wie kam ein Mann namens Fäiser nur darauf Waffen zu produzieren?"
"Nun, das war so", ruft er sich den Text des Armeelehrbuches in sein Gedächtnis.
Doch das ist eine andere Geschichte und soll hier nicht erzählt werden.
"Was für ein dummer Witz", denkt er. "Und was für eine dumme Anspielung wie sie in so unendlich vielen Geschichten verwendet wird."
"Nun reiss dich zusammen", befiehlt er sich selbst. "Schliesslich hast du einen Auftrag zu erfüllen."
Also reisst er sich zusammen und marschiert weiter.

Kapitel 2 - Ein treuer Mann, ein Held

Es ist Mittag geworden.
Die Sonne hat sich über den Horizont gehoben und klebt nun wie eine geplatzte Kaugummiblase am Firmament. Die hochrote Sonnenscheibe des Morgens hat sich in einen ausgefransten, pink erscheinenden Klecks verwandelt, der vor der Kulisse eines grellblauen Himmels steht.
Immer noch marschiert er durch den immer unwegsamer werdenden Dschungel. Seine einst so klamme Uniform ist nun trocken und aufgeheizt. Die Äusseren Schichten sind zerrissen und verdreckt.
"Warum ich? Warum gerade ich?" Diese Frage stellt er sich immer und immer wieder.
"Wie konnte ich nur auf diesem Planeten stranden?"
Natürlich kennt er die Antwort nur zu genau und er erinnert sich, während er versucht einen Weg durch das Dickicht zu finden. "Damals...
Damals. Damals, das war vor mehr oder weniger siebzehn Jahren. Gerade hatte ich meine fünfjährige Grundwehrdienstzeit abgeleistet..."
Nur ein Hechtsprung rettet ihn vor dem sicheren Tod. Wie aus dem Nichts war auf einmal ein -Ding- aufgetaucht, das ihn entfernt an eine marsianische Saugmuschel erinnert. Die Ähnlichkeit war wirklich verblüffend: derselbe lange Hals, der zwei Drittel des gesamten Körpers umfasste, der muschelförmige Rumpf, in dem fast alle wichtigen Organe sassen und die beiden Augen, die auf fingerdicken Auswüchsen am oberen Halsende angebracht waren. Er reagierte blitzschnell und schoss.
Der Rumpf des Gebildes zerschmilzt in wenigen Millisekunden zu Schlacke. Dann sinkt der Hals unter dem Ausstossen von hohen, quietschigen Tonfolgen zu Boden und zerfliesst sofort und fast rückstandslos.
Wirklich, die Ähnlichkeit war verblüffend.
"Dank sei der siebten Neurose des roten Riesen", denkt er und ist froh eine so gute Ausbildung für diesen Job bekommen zu haben. Doch nun zurück in die Vergangenheit unseres Helden, und er ist wirklich ein Held, wie wir gleich sehen werden:
Jedes Jahr sucht sich die Regierung der Menschen alle geeignet erscheinenden eines Jahrganges und sortiert sie in verschiedene Kategorien. Diese Kategorien bestimmen die Länge des 'Dienstes für das Vaterland und für Demokratie und die freiheitliche Grundordnung der Gesellschaft' -kurz 'DVD'.
Dieser kann von einem bis zu fünf Jahren dauern und wir können hieraus ersehen, dass unsere Hauptperson zu den klügsten und geschicktesten Personen der gesamten Menschheit zählt.
"DVD", lächelt er, während er einem, ihm bereits bekannten, schleimigen-Grubenmörder ausweicht, worauf wir jetzt aber nicht weiter eingehen wollen.
"Freie Auswahl für den Tod, Schlachtfest oder Raumfahrtskommando waren ein paar der beliebtesten Ausdrücke für den fünfjährigen DVD gewesen.
Doch er hatte sich nicht geweigert, was auch zehn Jahre Haft nach sich gezogen hätte, denn er brauchte das Geld, um seinem kranken Onkel zu helfen, der dann aber doch gestorben war. Nach diesen fünf Jahren hatte er dann beschlossen die Uniform nicht an den Nagel zu hängen, sondern sie nur zu wechseln.
Das war seine Geschichte.
Und nun war er hier auf Juraldis IV und hatte eine wichtige Botschaft zu überbringen.
"Warum schlagen solche Leute ihr Lager nur immer so gut versteckt und weit weg auf", stellt er sich eine weitere Frage. Doch hierauf gibt er sich keine Antwort, denn er hat genug damit zu tun, sich einen Insektenschwarm vom Hals zu halten. Das wäre an sich ja nicht weiter schwer gewesen, da es sich nur um vier Tiere handelt. Aber leider sind diese handgross und haben einen fünfzehn Zentimeter grossen Stachel, der verräterisch grün glitzert.
"Mit dieser Waffe kann man ja wirklich nur Hunde erschrecken", brummelt er, als das letzte Tier die Flucht ergreift. "Für meinen Job braucht man ja mindestens einen Phaser." Doch dieser ist nicht zur Hand.
"Eine Rast, eine Rast, ein Königreich für eine Rast", bemerkt er hundert Meter später unvergnügt und genehmigt sich eine solche auch ohne den entsprechenden Tribut. Sein Proviant ist warm und ranzig und sein Wasser ist fast am kochen.
"Man verlässt sich auf mich, ich werde erwartet", spricht er und rafft sich auf.

Kapitel 3 - Kurzweil am Nachmittag

Die Sonne scheint ihn hämisch auszulachen, als er unter ihr wandert. Den ganzen Tag begleitet sie ihn schon. Nur einmal, als er einen kleinen Fluss überqueren will, regnet es heftig und lässt den Fluss zum reissenden Strom werden. Doch auch davon nicht aus der Ruhe gebracht baut er sich eine provisorische Brücke und setzt seinen Weg fort.

Kapitel 4 - Epilog

Nach einer weiteren Stunde des Wanderns erreicht er schliesslich doch noch eine Lichtung. Auf dieser steht ein grosses, komfortabel aussehendes Blockhaus aus einheimischen Hölzern. Er säubert seine gelb - graue Uniform soweit wie möglich und tritt vor die Veranda.
"POST", ruft er, doch niemand antwortet.
"POST, die Post ist da", ruft er noch einmal. Langsam öffnet sich die Vordertür des Hauses und ein alter, gebeugt gehender Mann kommt heraus.
"Hier ist ein Brief für sie", sagt unser Held und überreicht dem alten Mann einen Umschlag aus seiner Tasche.
"Ist ihnen etwas passiert? Geht es ihnen gut", fragt der Mann als er den Umschlag nimmt. "Sie sind doch wohl nicht den ganzen Weg gelaufen? Sie haben doch bestimmt ein Dienstfahrzeug." Fügt er dann hinzu.
"Ja", antwortet unser Held, "natürlich. Wir dürfen natürlich ein Fahrrad benutzen." Betreten schaut der alte Mann ihn an.
Nach ein paar netten Worten und einem kleinen Imbiss macht er sich nun auf den Rückweg. Doch ausser zwei Regenschauern, ein paar Saugmuscheln und Kraken, nach mehreren schleimigen-Grubenmördern, venusianischen Säbelzahnpalmen, grinsenden Rabenmäulern und nur wenigen Schlangentigerherden erreicht er sicher in den frühen Morgenstunden die nördliche Polkappe und damit das Juraldis'sche Hauptpostverladezentrum.
Neben einigen Fleischwunden, einer kleinen Vergiftung und Übermüdungserscheinungen ist er gesund, wenn auch weniger munter und sinkt in sein Bett in seiner Wohnung.
"Ich sollte wieder zum Militär", murmelt er noch vor dem Einschlafen, "Ich könnte die Ruhe gebrauchen."